Lula wurde nicht vor Gericht gestellt, er war Opfer politischer Verfolgung
Wir, Rechtsanwälte, Juristen, ehemalige Justizminister und ehemalige Mitglieder der Obersten Justizgerichte aus verschiedenen Ländern, möchten die Richter des Obersten Gerichtshofs und allgemein die öffentliche Meinung Brasiliens auf die schwerwiegenden Mängel der Verfahren gegen Lula aufmerksam machen.
Die jüngsten Enthüllungen des Journalisten Glenn Greenwald und seiner Mitarbeiter auf der Nachrichten-Website The Intercept in Zusammenarbeit mit den Zeitungen Folha de Sao Paulo und El País, dem Veja-Magazin und anderen Medien haben alle Juristen entsetzt. Wir waren schockiert, als wir sahen, dass die Grundregeln des ordnungsgemäßen brasilianischen Verfahrens schamlos verletzt wurden. In einem Land, in dem die Gerechtigkeit für alle gleich ist, kann ein Richter nicht gleichzeitig Richter und Anklagevertreter sein.
Sérgio Moro führte den Prozess nicht nur parteiisch, sondern er leitete von Anfang an die Anklage. Er manipulierte die Mechanismen der Kronzeugenaussagen, leitete die Arbeit des Staatsanwalts, forderte die Ersetzung einer Staatsanwältin, mit der er nicht zufrieden war, und organisierte die Kommunikationsstrategie der Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus hat er die Telefone von Lulas Anwälten abgehört und beschlossen, der Entscheidung eines Richters, der die Freilassung von Lula angeordnet hatte, nicht Folge zu leisten, was einen schweren Verstoß gegen das Gesetz darstellt.
Heute ist klar, dass Lula keinen Anspruch auf ein faires Verfahren hatte. Es muss hervorgehoben werden, dass er, wie Sérgio Moro selbst sagte, wegen „unbestimmter Tatsachen“ verurteilt wurde. Ein Geschäftsmann, dessen Aussage zu einem der Urteile gegen den früheren Präsidenten führte, gab sogar zu, dass er unter dem Druck der Staatsanwaltschaft gezwungen war, eine Erzählung zu erfinden, die Lula belasten würde. Tatsächlich wurde Lula nicht vor Gericht gestellt, er war und ist das Opfer politischer Verfolgung.
Aufgrund dieser illegalen und unmoralischen Praktiken befindet sich die brasilianische Justiz derzeit in einer ernsthaften Glaubwürdigkeitskrise innerhalb der internationalen Juristengemeinschaft.
Es ist unabdingbar, dass die Richter des Bundesgerichtshofs ihre Aufgaben uneingeschränkt wahrnehmen und Garanten für die Einhaltung der Verfassung sind. Gleichzeitig erwarten wir, dass die brasilianischen Behörden alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Verantwortlichen für diese gravierenden Verfahrensabweichungen zu ermitteln.
Der Kampf gegen die Korruption ist heute ein wesentliches Thema für alle Bürger der Welt, ebenso wie die Verteidigung der Demokratie. In Lulas Fall wurde jedoch nicht nur die Justiz für politische Zwecke instrumentalisiert, sondern die Rechtsstaatlichkeit wurde eindeutig missachtet, um den ehemaligen Präsidenten aus dem Wahlkampf zu
streichen.Es gibt keine Rechtsstaatlichkeit ohne ein ordnungsgemäßes Rechtsverfahren. Und wenn ein Richter nicht unparteiisch ist, sondern an der Spitze der Anklage steht, kann das Verfahren nicht als ordnungsgemäss respektiert werden. Damit die brasilianische Justiz ihre Glaubwürdigkeit wiederherstellen kann, ist der Bundesgerichtshof
Liste der Unterzeichner
verpflichtet, Lula freizulassen und diese Verurteilungen aufzuheben.
Bruce Ackerman, Sterlingprofessor für Recht und Politikwissenschaft, Universität Yale
John Ackerman, Professor für Recht und Politikwissenschaft, Nationale Autonome Universität von Mexiko
Susan Rose-Ackerman, emeritierte Professorin Henry R. Luce von der Yale University School of Law
Alfredo Beltrán, ehemaliger Präsident des kolumbianischen Verfassungsgerichts
William Bourdon, Rechtsanwalt, eingetragen bei der Pariser Anwaltskammer
Pablo Cáceres, ehemaliger Präsident des Obersten Gerichtshofs Kolumbiens
Alberto Costa, Rechtsanwalt, ehemaliger Justizminister von Portugal
Herta Daubler-Gmelin, Rechtsanwältin, ehemalige deutsche Justizministerin
Luigi Ferrajoli, emeritierter Professor für Rechtswissenschaften, Universität Rom Drei
Baltasar Garzón, Anwalt, bei der Anwaltskammer von Madrid eingetragen
António Marinho e Pinto, Rechtsanwalt, ehemaliger Präsident der portugiesischen Rechtsanwaltskammer
Christophe Marchand, Anwalt, bei der Brüsseler Anwaltskammer eingetragen
Jean-Pierre Mignard, Rechtsanwalt, eingetragen bei der Pariser Anwaltskammer
Eduardo Montealegre, ehemaliger Präsident des kolumbianischen Verfassungsgerichts
Philippe Texier, ehemaliger Richter, ehrenamtlicher Anwalt des obersten französischen Gerichts, ehemaliger Präsident des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen
Diego Valadés, ehemaliger Richter am Obersten Gerichtshof von Mexiko, ehemaliger Generalstaatsanwalt der Republik
Gustavo Zafra, ehemaliger Ad-hoc-Richter des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte
Folha de S. Paulo | Übersetzt von Elisabeth Schober, Free LULA – Committee Austria.