Freiheit für Lula
Die Verankerung der Rechten auf der ganzen Welt wurde von der Zerstörung der demokratischen Institutionen begleitet. In Brasilien und den Vereinigten Staaten zum Beispiel beinhaltete die Wende hin zu neofaschistischen Regierungen einen zynischen Angriff auf Legalität und Rechtsstaatlichkeit.
Der Fall von Luiz Inácio da Silva ist besonders eindeutig, da nur durch seine Inhaftierung die brasilianischen Konservativen die Kontrolle über die Präsidentschaft der Republik wiedererlangen konnten. Angesichts der enormen Popularität des ehemaligen Präsidenten musste der rechte Flügel die Maske eines angeblichen Liberalismus fallen lassen, um direkt auf den Lawfare zu setzen, was laut US-Oberst Charles Dunlap die Anwendung des Gesetzes zur Erreichung von Kriegszielen bedeutet.
Das Bekenntnis der Rechten zur Demokratie wird immer davon abhängen, ob partizipative Prozesse ihren neoliberalen Zielen dienen. Solange das Volk die Wahlen nutzen kann, um eine demokratische Hegemonie zugunsten von Gerechtigkeit, Frieden und Gleichheit aufzubauen, versucht die Rechte sofort, die Institutionalität zu stärken, wie es in Mexiko in den Jahren 2006 und 2012 der Fall war, was die Coparmex 2024 wiederholen will.
Der Intellektuelle und Aktivist Alipio Freire machte es im Jahr 1984 klar: “In Brasilien sind Liberale Faschisten im Urlaub.” Und laut dem Schriftsteller Gustavo Codas kehren Liberale jetzt von der Urlaubsreise zurück und demonstrieren in Brasilien ihre wahre autoritäre Seite.
Glücklicherweise wird die internationale Gemeinschaft durch Glenn Greenwalds Veröffentlichungen in The Intercept zunehmend darüber informiert, was im Fall des ehemaligen brasilianischen Präsidenten wirklich vor sich geht. Greenwalds Ermittlungen haben ergeben, dass es eine offene Absprache zwischen Generalstaatsanwalt Deltan Dallagnol und dem Ermittlungsrichter Sergio Moro gab. Offensichtlich war es nicht Dallagnol, der den Fall tatsächlich leitete, da er von Moro immer wieder, mit eindeutiger Verletzung der Kompetenzaufteilung und der notwendigen Unabhängigkeit der Richter von den Parteien eines Prozesses, Instruktionen erhielt.
Moro selbst gibt zu, dass es in seinem Urteil keine eindeutigen Beweise gegen Lula gibt, weshalb die Verurteilung auf der höchst fragwürdigen These von „unbestimmten Tatsachen“ beruht. Alles scheint darauf hinzudeuten, dass die belastende Aussage des Geschäftsmanns Pinheiro gegen Lula auf die angebotenen Vorteile und den Druck zurückzuführen ist, den die brasilianischen Behörden auf ihn ausgeübt haben, als er sich in Untersuchungshaft befand. Ähnlich wie im Fall der Absetzung von Andrés Manuel López Obrador im Jahr 2005 beruht die Anklage für die angebliche indirekten Verantwortung von Lula auf seinem verfassungsmäßigen Vorrecht, Vorstandsmitglieder der Ölgesellschaft Petrobras zu ernennen.
Deshalb haben wir, eine Gruppe von Juristen, Anwälten und ehemaligen Ministern der obersten Gerichte aus acht verschiedenen Ländern, an diesem Sonntag, dem 11. August, in der wichtigen brasilianischen Zeitung Folha de S. Paulo ein Manifest veröffentlicht. In dem wir klarstellen, dass Lula nicht vor Gericht gestellt wurde, sondern das Opfer politischer Verfolgung war und ist. Das Dokument wurde vom großen italienischen Anwalt Luigi Ferrajoli unterzeichnet, vom ehemaligen spanische Richter Baltasar Garzón, vom angesehenen französische Anwalt William Bourdon; von der ehemaligen deutschen Justizministerin Herta Daubler-Gmelin; vom ehemaligen portugiesischen Justizminister Alberto Costa; vom früheren kolumbianischen Verfassungsgerichtspräsidenten Alfredo Beltrán sowie von Diego Valadés, ehemaliger Oberrichter aus Mexiko. Ebenfalls unterzeichneten die Juristen Bruce Ackerman und Susan Rose-Ackerman von der Yale University. Beide sind zutiefst besorgt über das derzeitige Klima der Politisierung der Justiz in Brasilien.
Der Wortlaut der Erklärung besagt, dass ein ordnungsgemäßer Prozess nicht eingehalten wird, wenn ein Richter nicht parteiisch ist, sondern als Leiter der Strafverfolgung fungiert. Wir, die Unterzeichner, weisen darauf hin, dass „es uns entsetzt hat, zu beobachten, wie in Brasilien alle grundlegendsten Verfahrensregeln ohne Verlegenheit verletzt wurden. In einem Land, in dem Gerechtigkeit für alle gelten sollte, kann ein Richter nicht sowohl Richter als auch Partei sein. In der internationalen Rechtsgemeinschaft steckt die brasilianische Justiz derzeit in einer ernsthaften Glaubwürdigkeitskrise aufgrund solcher illegalen und unmoralischen Praktiken.“ Schließlich wird in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof verpflichtet ist, Lula freizulassen und seine Verurteilungen aufzuheben, damit die brasilianische Justiz ihre Glaubwürdigkeit wiedererlangen kann.
La Jornada | Übersetzt von Elisabeth Schober, Free LULA – Committee Austria.